aus: "Südhessen Morgen" vom 22.06.2001 (Marcus Ohl)

Drei Minuten Film kosten einen Tag Arbeit

Tankstelle verwandelt sich zur Spielfilm-Kulisse / Berufsschüler sollen für Verkehrssicherheit sensibilisiert werden

Bürstadt. "Klappe 2.1 die Achte!" Der Produzent höchstpersönlich übernimmt diese Ansage. Und nach dem achten Versuch zeigt sich auch sein Regisseur endlich zufrieden. Was da in einer halben Stunde acht Mal aufgezeichnet wird, ergibt später eine Filmsequenz von gerade einmal drei Sekunden. Dieser Augenblick ist Teil des Kurzfilms "Kisten", der unter anderem rund um die Bürstädter Aral-Tankstelle in der Nibelungenstraße gedreht wird.

"Kamera?" - "Kamera läuft! " - "Ton?" - "Ton ist okay!" Die Kunden der Tankstelle staunen nicht schlecht, als sie diese Ansagen vernehmen. Noch verdutzter schauen sie, als sie die riesigen Scheinwerfer, das große Mikrofon, die Schienen für den Kamerawagen und schließlich das Aufnahmegerät entdecken. Aufgezeichnet wird gerade, wie ein junger Mann mit einer Cola-Flasche unter dem Arm auf die Frage eines Kollegen antwortet, was er denn mache.

Es soll nicht das letzte Mal sein, dass er smart in die Kamera lächelnd sagt: "Na, tanken halt." Einmal muss der Filter für das Licht gewechselt werden, dann ist die Schärfe nicht ganz einwandfrei, und schließlich kann sich Regisseur Leo Liemer nicht entscheiden, ob sein Hauptdarstellervor der Kamera stehen bleiben oder lieber vor ihr vorbeilaufen soll. Dazwischen wird immer wieder das Make Up nachgebessert. Als die Szene dann endlich im Kasten ist, hat die Tonregie noch Wünsche. Auf die Füße soll das Mikrofon gehalten werden, um die Schritte aufzuzeichnen.

Die Tonaufzeichnung verlangt absolute Ruhe. Kein Wunder also, dass die automatische Eingangstür beim Dreh für einige Sekunden verschlossen bleibt. Sogar die Kühlgeräte werden für die Produktion abgeschaltet. "Die dürfen wir später nicht vergessen - sonst müssten wir ganz schön viel Eis essen", witzelt der Regisseur.

Wofür der ganze Aufwand? Produzent Thomas Plonsker lüftet das Geheimnis: "Wir drehen einen Kurzfilm für die Landesverbände der gewerblichen Berufsgenossenschaften und den Deutschen Verkehrssicherheitsrat". In jedem Jahr gibt es von den Berufsgenossenschaften die bundesweite Aktion "Jugend will sicher leben". Da zum Beruf auch der Weg zum Arbeitsplatz und wieder nach Hause gehört, beschäftigt sich die Aktion im Jahr 2001 mit dem Thema "Sicherheit im Verkehr".

Die Geschichte des Films ist schnell erzählt: Zwei Jungs kämpfen um die Gunst eines Mädchens. Am Anfang ist Nicole mit dem großkotzigen Bernd zusammen, der mit seinem aufgemotzten BMW zeigt, was das Auto so hergibt. Dabei können ihn weder Ampeln noch Verkehrsschilder bremsen. Der zurückhaltende Dennis mit seinem kleinen Anfänger-Auto dagegen fährt vorsichtig und aufmerksam. Nachdem Nicole von Bernd die Nase voll hat und Schluss macht, kann ein zartes Pflänzehen der Liebe zwischen Dennis und Nicole wachsen und es kommt zum Beinahe-Crash, weil Bernd einmal mehr die Verkehrsschilder missachtet. Aber es gibt es ein Happy End.

Eine Szene des Kurzfilms spielt nun an einer Tankstelle. Dem "Südhessen Morgen" erklärt Plonsker, warum gerade Bürstadt zum Zuge kam: "Wir haben mit einigen Mineralölkonzernen gesprochen, und Aral hat sich sehr kooperativ gezeigt." Die Bürstädter Tankstelle sei ihm als moderne Anlage empfohlen worden. Gedreht wird außerdem noch in Ludwigshafen und in Landau. Insgesamt 22 Mitarbeiter umfasst das Team, das in fünf Drehtagen den 15-Minuten-Film abdreht. Dann müssen die Szenen noch geschnitten werden, bevor der Streifen aufführungsreif ist.

Zu sehen bekommen den Streifen übrigens nur Berufsschüler. Im Herbst können die Lehrer den Film dann im Unterricht einsetzen, um mit ihren Schützlingen der Antwort auf die Frage "Was steuert mich, wenn ich ein Auto steuere?" näher zu kommen.

Filmteam in der Tankstelle (Bild: Stefan)
Harte Arbeit: Einen ganzen Tag lang drehte ein Filmteam eine Szene in der Bürstädter Aral-Tankstelle. Die Minuten sind Teil eines Kurzfilms fürdie Berufsgenossenschaften und den Verkehrssicherheitsrat.          Bild: Stephan

Nie aufgeben, für den Traum zu kämpfen

In der Drehpause: Natalia Avelon über die Schauspielerei und Karriere-Chancen

Bürstadt. 21 Jahre ist sie jung, vielleicht noch kein großer Star, aber dennoch schon ein wenig erfahren in der Showbranche: Natalia Avelon aus Köln spielt den Part von Nicole, der weiblichen Hauptrolle im Kurzspielfilm ,,Kisten". Ein Teil des Streifens wurde gestern an der Aral-Tankstelle in der Bürstädter Nibelungenstraße abgedreht.

An die Rolle gekommen ist Natalia über eine Casting-Agentur. Ob sie sich in ihrer Rolle und den Film an sich mag, kann sie erst beantworten, wenn sie das Endprodukt gesehen hat. "Vielleicht ist der Film für die Schüler auch langweilig", will sie nicht ausschließen. Dennoch findet sie, dass die Dialoge nicht zu belehrend sind und die Geschichte immerhin schon mal "in unserer Epoche" spielt. Die Resonanz auf den Film will sie allerdings nicht einschätzen: Ob der Film ankomme, das sei "echt schwer zu sagen."

Der ,,Südhessen Morgen" fragte die junge Frau in einer Drehpause, ob das Schauspielern denn wirklich so viel Spaß mache, wie gerade junge Mädchen es sich immer vorstellen. "Klar macht es viel Spaß, aber es ist auch anstrengend", meint Natalia. So erzählte sie, dass man als Schauspielerin - selbst als Hauptdarstellerin - eine Menge Zeit mit dem Warten auf den Auftritt verbringen müsse. Außerdem komme es natürlich immer auf das jeweilige Projekt an, wie spannend sich der Dreh gestalte. "Häufig ist es schon stressig, man wird permanent geschminkt", fügte sie außerdem noch hinzu.

Natalia Avelon nimmt derzeit privaten Schauspiel- und Sprechunterricht. Eine Ausbildung in der Filmbranche hat sie für ihre weitere Karriere fest eingeplant, Ihr großer Traum ist nicht unbedingt, dass sie richtig berühmt wird. Wobei sie es schon toll fände, in einem Kinofilm mitspielen zu dürfen. Die junge Frau möchte sich aber vor allem in vielen Facetten zeigen, um nicht in eine Schublade gesteckt zu werden. "Immer nur die Geliebte zu spielen, wird auch schnell langweilig."

Allen, die auch von einer Karriere als Schauspielerin träumen, rät sie, selbst aktiv zu werden. "Man muss schon von sich aus anklopfen", erklärt Avelon. Hartnäckig sein Ziel zu verfolgen sei ebenso wichtig, wie an sich selbst zu arbeiten. "Man darf nur nie aufgeben", rät sie allen Interessierten, für ihren Traum zu kämpfen.               MOh

 
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